Disquotale Einzahlung in die Kapitalrücklage – Vorsicht Schenkungsteuer!
Ein Beitrag aus der Praxis von Frank Heesen, Steuerberater und Geschäftsführer der Innova Steuerberatungsgesellschaft
Was ist passiert?
Bei einer GmbH kommt es nicht selten vor, dass Gesellschafter Kapital nachschießen – zum Beispiel zur Stärkung der Eigenkapitalbasis. Problematisch wird es, wenn diese Einzahlung disquotal erfolgt, also nicht im Verhältnis der Beteiligungsquoten der Gesellschafter. In solchen Fällen erhöht sich der Wert der Anteile der nicht einzahlenden Gesellschafter. Was viele nicht wissen: Das kann steuerlich als Schenkung behandelt werden.
BFH bestätigt: Schenkung liegt auch ohne Freigebigkeit vor
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 10.04.2024 (II R 22/21) entschieden: Eine disquotale Einzahlung in die Kapitalrücklage, durch die sich der Wert der Anteile anderer Gesellschafter erhöht, gilt nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG als fiktive Schenkung. Und das selbst dann, wenn kein Wille zur Freigebigkeit besteht.
Warum das so ist?
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass bei einer solchen Maßnahme ein wirtschaftlicher Vorteil zugunsten der anderen Gesellschafter entsteht. Und dieser Vorteil wird steuerlich wie eine Schenkung behandelt – unabhängig davon, ob die Beteiligten das so beabsichtigt haben oder nicht.
Kein Verschonungsabschlag bei fiktiver Schenkung
Besonders bitter: Der BFH hat ebenfalls klargestellt, dass bei solchen fiktiven Schenkungen keine erbschaftsteuerlichen Vergünstigungen nach §§ 13a, 13b ErbStG (Betriebsvermögensverschonung) möglich sind. Grund: Der „Zuwendungsgegenstand“ ist kein Gesellschaftsanteil, sondern nur die Werterhöhung eines Anteils.
Die Finanzverwaltung folgt dieser Linie bereits länger und verweist dazu auf R E 7.5 Abs. 1 Satz 3 ErbStR – nun mit höchstrichterlicher Rückendeckung.
Gibt es eine Lösung?
Ja – allerdings nur, wenn vorab richtig geplant wird!
Die Finanzverwaltung sieht in R E 7.5 Abs. 11 Satz 14 ErbStR eine Möglichkeit zur Vermeidung der Schenkungsteuer: Es kann eine sogenannte personengebundene Rücklage gebildet werden – also eine Kapitalrücklage, die ausdrücklich nur dem einzahlenden Gesellschafter zugeordnet wird. Voraussetzung dafür:
- Die Satzung der GmbH muss eine solche Regelung zulassen.
- Die Gesellschafterversammlung muss dies wirksam beschließen.
Auch diese Praxis hat der BFH mittlerweile bestätigt (Urteil vom 19.06.2024, II R 40/21).
Fazit: Gestaltungsfehler vermeiden!
Disquotale Einzahlungen in die Kapitalrücklage bergen erhebliches schenkungsteuerliches Risiko. Wer als Berater oder Unternehmer nicht aufpasst, läuft Gefahr, unbeabsichtigt steuerpflichtige Vorgänge auszulösen.
Unser Rat:
- Prüfen Sie die GmbH-Satzung!
- Planen Sie Kapitalmaßnahmen im Vorfeld mit einem Steuerberater!
- Nutzen Sie personengebundene Rücklagen zur steuerneutralen Gestaltung!
Wenn Sie weiterführende Fragen zur GmbH oder zu anderen steuerlichen Themen haben, können Sie ganz unkompliziert einen Termin für unsere Online-Beratung vereinbaren.